Ein Traum wird wahr!

Albträume sind auch Träume.

Es ist Montag Morgen und ich sitze im Office meiner Arbeitsstelle und versuche mich von meinem Wochenende zu erholen. Aber stopp mal, sollte mein Wochenende nicht eigentlich ein entspannter Kurzurlaub in meinem Lieblingsort Ugandas, in Jinja, sein?  Was ist schief gegangen? 

Es begann alles am Mittwoch. Meine Freiwilligen-Freundin und ich hatten uns entschlossen, das Wochenende zu verlängern und dem Stadtstress zu entfliehen und uns komplett der Entspannung des Nils hinzugeben. Aber das Schicksal meinte es nicht gut mit uns, am Mittwoch Abend bekam ich die Nachricht, dass sie Fieber hat und es ihr definitiv nicht gut geht und sie den Arztbesuch dem des Nils vorzieht. Also ging meine Suche nach Ersatz los, und eigentlich war auch relativ schnell jemand gefunden: meine Partnerin aus der Einsatzstelle hatte großes Interesse mich zu begleiten, ihre Spontanität war nur zu beneiden. Am nächsten Morgen jedoch die große Überraschung: auch sie wurde von Übelkeit und Fieber heimgesucht und konnte somit nicht mein Side-Kick sein. Voller Verzweiflung schrieb ich also in unsere grandiose Whatsapp-Gruppe, bestehend aus 25 Freiwilligen, von denen sich einer meldete. Vorher waren wir nicht wirklich miteinander befreundet, aber was nicht ist, kann ja noch werden, dachte ich mir. 

Aber schon bei unserem Zusammentreffen merkte ich, dass unsere Erwartungen an das lange Wochenende nicht die gleichen waren und auch, dass unsere Kompatibilität nicht wirklich hoch war. Na ja, ein paar Abstriche muss man machen, immerhin würden wir genug Zeit und Raum haben, um uns nicht konstant auf der Pelle zu sitzen. 

Im Hostel angekommen (2 Stunden später als geplant, und das nicht, weil Ugandas Verkehr unvorhersehbar und verrückt ist, sondern weil meine Begleitung noch Hunger hatte) haben wir dann unser Dormitory bezogen und sind auch relativ früh schlafen gegangen. Bei mir hielt der schlafende Zustand allerdings nicht allzu lange an, da mich das Gefühl beschlich, nicht alleine in meinem kleinen Schloss aus Mosquitonetz und Matratze zu sein. Also opferte ich die letzten Prozent meines Handyakkus, nur um festzustellen, dass meine Matratze weniger aus Schaumstofffüllung als aus Bettwanzen bestand. Sehr angeekelt habe ich dann versucht, möglichst lautlos mein Bett zu wechseln, ohne jemanden zu wecken. An Schlaf war aber trotzdem nicht mehr zu denken und sobald die Sonne vollständig aufgegangen war, habe ich mein Bett/Nest verlassen und mich mit einer heißen Dusche belohnt. Daraufhin bin ich dann zur Rezeption, die sehr kulant und verständnisvoll war und uns in ein anderes Dormitory (mit eigenen Duschen und kleinen Bädern) geupgraded hat. Gesagt, getan, sind wir mit unserem Hab und Gut für das Wochenende also umgezogen und haben uns mit unseren neuen Zimmerkollegen bekannt gemacht, drei auf den ersten Blick sehr nett scheinende Iren, die für eine Kanu-Schulung am Nil sind. Der erste Eindruck wurde aber bald durch den zweiten ersetzt, denn abends wurde, wie es sich für einen Freitagabend in einem internationalen Hostel gehört, ordentlich gefeiert, und das Bier war auch nicht zu knapp kalt gestellt. Ausgelaugt von den Vorkommnissen der vorherigen Nacht hatte ich mich entschlossen, mein neues Gemach verhältnismäßig früh aufzusuchen (gegen halb 1), meine Zimmerkollegen hingegen dachten da noch nicht an Schlaf oder ähnliches. 

Das änderte sich aber schnell, circa eine Stunde später, als einer der drei Iren in unser Dorm kam und sich in einem der kleinen Bäder einschloss, um dort sein überschüssig konsumiertes Bier wieder oral loszuwerden. Seine Freunde hatten allerdings nicht mitbekommen, dass er sich aufgemacht hatte Richtung Zimmer und so begann die große Suche. Bis alle verstanden hatten, dass der gute Herr sich im Bad eingeschlossen hatte und da beim rückwärts-trinken eingeschlafen war, waren auch wieder 1 1/2 Stunden vergangen. 

Nicht ganz zwei Stunden später entschloss sich dann der nächste im irischen Bunde eine Theaterreife Show hinzulegen. Kurz vor Sonnenaufgang wurde besagter Typ wach und bemerkte einen Wunsch nach Wasser, beflügelt von dem immer noch anhaltenden Alkoholgehalt, und es wurde erst geschrien, sodass jeder im Zimmer wusste, was er wollte, dann wurden alle Sachen geworfen, die sich innerhalb seines Greif-Radius befanden und dann wurde aus Wut eine Scheibe zerschlagen, weil sowohl sein Wunsch nach Wasser als auch sein Wunsch nach Frischluft nicht erhört wurden. Die ganze Situation hört sich jetzt gelesen ganz lustig und sehr unwirklich an, aber in dem Moment war das Gefühl von beklemmender Panik definitiv vorherrschend. Also wurden wir am nächsten Morgen wieder umgesiedelt, dieses Mal in ein Safari-Zelt, in dem eine Nacht mehr gekostet hat als alle drei Nächte zusammen im Dorm, aber wir mussten nichts nachzahlen, aus Kulanz wurde für die Mehrkosten aufgekommen. Daraufhin machte meine mir zu dem Zeitpunkt eher schon weniger sympathische Begleitung einen Kommentar, der sich auf jeden Fall sehr in mein Gehirn gebrannt hat, er sagte: 'Mit dir Urlaub machen macht echt Spaß und lohnt sich, du kriegst den ganzen Scheiß ab und ich kriege das ganze Gute.' Das war natürlich gar nicht das, was ich hören wollte, nachdem ich zwei Horrornächte hinter mir hatte.  Unsere nicht vorhandene Freundschaft hatte sich zu dem Zeitpunkt dann verabschiedet. 

Für Sonntag hatte ich mir vorgenommen, meinen Tag alleine und möglichst entspannend zu verbringen, morgens habe ich mich via Shuttlebus aufgemacht in Richtung Jinja Stadt und dort habe ich zwei sehr wirklich nette und unglaublich lustige deutsche Reisende getroffen, mit denen ich dann auch den besten Milchshake in ganz Ostafrika getrunken habe. Die beiden haben sich dann gegen Mittag auf gemacht und sind weiter zu den Sipi Falls in Mbale gefahren, ich bin zurück zum Hostel und habe  mich dort an den Pool gelegt und mich beim Lesen ein wenig gebräunt. 

Die Rückfahrt war wie immer eher unentspannt, immerhin ist sonntags der Verkehr in die Hauptstadt nicht zu unterschätzen (Anfängerfehler). 

Und so ging mein Wochenende gestern Abend um 19.31 Uhr zu Ende, weitaus unentspannter als vorher (ich hätte niemals gedacht, dass das überhaupt geht!). 

-xx, Marlen, unentspannt aber braun