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Der Mensch ist ein Gewohnheitstier

Nach 1 1/2 Monaten hier bin ich offiziell eingelebt und habe mich an alles gewöhnt, mittlerweile sogar an das Essen ohne Besteck. Die meisten Sachen fallen mir gar nicht so auf, immerhin bin ich oft jeden Tag mit ihnen beschäftigt oder konfrontiert und deswegen werden sie irgendwie normal. Aber gestern, als ich mit meiner Mitfreiwilligen abends aus der Stadt auf dem Boda/Motorradtaxi nach Hause gefahren bin, sind mir einige Dinge aufgefallen. Zum Beispiel besagtes Fahren auf den Motorradtaxis, am Anfang meines Abenteuers hier war ich diesem Fortbewegungsmittel noch sehr skeptisch gegenüber, aber mittlerweile ist es irgendwie total normal auf einem Motorrad in teilweise fragwürdigem Zustand zu sitzen und mit nur sehr wenig Schutzbekleidung (nein Papa, stimmt gar nicht!) bei unbewusstem Tempo (meistens ist der Tacho nicht ganz funktionsfähig).

Auch an die Essgewohnheiten habe ich mich gewöhnt, wenn auch ohne Freude (wer isst schon freiwillig erst um 9 Uhr oder noch später zu Abend? Wie kann man Posho mögen? Warum trinkt niemand Wasser, außer während der Mahlzeiten?). Eine Merkwürdigkeit, an die ich mich noch nicht angepasst habe, ist das absolut verhasste und verachtetet Essen im Gehen. Der Gedanke kommt daher, dass das Essen beim Gehen nicht genug gewürdigt wird, aber wenn ich selbst der Meister meines Essens bin (zum Beispiel bei einem Erdnussbutter-Toast, wie es gestern der Fall war), ertrage ich die fragenden und verwirrten Blicke mit Fassung und genieße auf dem Weg. 

An was ich mich in gewissem Maße auch gewöhnt habe, ist das ständige Angesprochen werden und Handeln beim Kaufen (ich bin zwar nicht gut darin - unsere Startpreise sind für locals immens hoch und wir handeln dann auf immer noch zu hoch runter - muzungu prices!). Besonders die Boda-Fahrer sind sehr aufdringlich, wenn man die Straße entlang geht und dabei angesprochen wird, meistens mit extrem einfallsreichen und einladenden Floskeln (Achtung Ironie!): Auf Platz Drei der unangenehmsten Boda-Einladungen "Friend, you want to go? Friend, come, we go!", Auf Platz Zwei "Sistah, you so beautiful! Sistah, we go?". Und auf Platz Eins, ungeschlagen und oft gehört: "Bebe, we go? Bebe, come, we go! Bebe, Please". Immer wieder schön zu hören, wie groß die eigene Familie und der Freundeskreis ist und wen man alles auf der Straße in einem immer noch fremden Land trifft. 

Woran ich mich auf jeden Fall so schnell und wahrscheinlich gar nicht gewöhnen werde, ist die Vielfalt der Insekten und anderen Kriech- und Fliegetieren. Besonders die Spezimänner in meinem Zimmer sind mir eher unsympathisch, die Tiere hier erreichen sehr schnell Größen, die über meine Schlappen-Größe hinaus gehen und somit für mich nicht mehr umgänglich sind. 

Eine weitere Sache, an die ich mich wahrscheinlich nicht gewöhnen werde, sind besondere Insekten, die ich zu meinen Erzfeinden auserkoren habe: Mosquitos. Anscheinend mögen sie mich sehr gerne, zumindest so gern, dass ich jeden Morgen mit neuen Stichen und Bissen aufwache (trotz supergutem Mosquitonetz ohne Löcher). Aber da die kleinen Dinger schon gegen Spätnachmittag anfangen zu 'jagen' und ich mich dann meistens noch in meiner Arbeitsstelle befinde, ist es wohl mein Schicksal mit viel Fenistil und Octenisept-Salbe meine Tage hier zu ertragen. 

Das als kleines Update von mir, 

-xx, Marlen, zerstochen 

 

PS: Ich freue mich wirklich sehr über jede Nachricht über das Kontaktformular oder im Gästebuch, außerdem würd ich gerne auch noch mal an die Spendenmöglichkeit erinnern, immerhin sollen nächstes Jahr auch andere Freiwillige die Chance bekommen, so ein Abenteuer zu erleben. Jeder Betrag, egal wie groß oder klein, ist da schon ein Beitrag zu. Spendenbescheinigungen gibt es ab 200€ (alles unter 200€ kann mit dem Überweisungsbeleg von der Steuer abgesetzt werden), dafür muss ich allerdings die Kontaktdaten (E-Mail, Adresse und Name) an meine Organisation weitergeben, also am Besten über das Kontaktformular schreiben. Wenns sonst noch fragen dazu gibt, antworte ich natürlich gerne!